Samstag, 28. Februar 2009

Grenzerfahrung

9° C zeigte das Thermometer an. Trotzdem empfand ich es als doch eher frisch, als wir ausstiegen.

Nur schnell die Startunterlagen abholen und dann mitten auf der Strecke einen Parkplatz suchen. Von dort aus dann zurück zum Start warmlaufen (3km) und nach dem Lauf hätten wir dann nur noch ca. 4km um bis zum Auto zu laufen. Soweit alles ok.

Zum Warmlaufen hatte ich noch die Jacke an, denn erstens ging es beim warmlaufen ja bergab und zweitens war der Wind frisch. Wir trabten also Richtung Start, bzw. wir liefen etwas schneller - wir waren spät dran und beim Start wollten wir schon dabei sein.

Kurz vorm Start beschloss ich dann endgültig doch nur in komplett kurz zu laufen. Also Jacke aus und zum Transfertaxi geben, das die Kleider dann oben ins Ziel brachte. Eine gute Entscheidung, denn kalt wurde mir auf der Strecke heute nicht.

Peng! Und los ging´s ! Naja nicht ganz, denn es waren bestimmt 700 Läufer und Steinbach, so hieß der Ort, ist sehr eng bebaut. Fast wie ein Bergdorf in den Alpen. So gab es, nachdem ich ca. 15 Sekunden nach dem Startschuss über die Linie lief, gleich mal einen Stau. Aber nicht so schlimm, ich hatte ja kein Bestzeit zu knacken.

Es ging auch sofort bergauf. Nix einlaufen auf dem Ebenen! Während vorne die Elite schon entschwand quälte ich mich die ersten Meter bergauf. Weiter hoch, weiter aufwärts hieß die Devise.

Vor mir der Lindwurm mit den schnelleren Läufern hinter mir das Keuchen der anderen. Erster Kilometer in 5:43. Nach dem Start in ca. 267m Höhe waren wir nun ca. 317m hoch. Eine Läuferin gesellte sich zu mir, es entwickelte sich ein nettes Gespräch. Sie lief noch nie hier- ich auch nicht- schon hatten sich zwei Neulinge gefunden. Wir plauderten ein bisschen und der zweite Kilometer war überraschend in5:24 geschafft. Höhe nun ca. 350m. Alles noch machbar.

So langsam zog sich der Lindwurm auseinander. Manchmal kamen von hinten Läufer angerauscht, zogen vorbei, andere fielen hier schon zurück. Der dritte Kilometer war eigentlich der leichteste, nur leicht bergauf sogar mit einem kleinen ebenen Stück war er in 5:12 bewältigt. Machte auch noch Spaß.

Von Hans wusste ichaber, ab Kilometer 4, ab Dannenfels dem nächsten Ort, wird es viel schwerer. Nur wie darauf vorbereiten? Jetzt schon langsamer machen? Nee, wollte ich nicht, denn ich wusste ich würde so und so Federn lassen wenn es richtig steil wurde.

So nach 3,5 km sah ich vor mir ein Läufer mit der Aufschrift LG Regensburg. Hmm, ganz kurze Haare, mittelalt, sollte das wirklich LocalZero sein, der mir noch gestern geschrieben hat er würde auch hier laufen? Ich sprach ihn an- und- er war es wirklich. In mitten hunderter Läufer hatten sich zwei gefunden die sich bisher nur über den Blog überhaupt kennen. Wir plauderten über den Zufall uns zu treffen, über die Strecke die vor uns lag und über die Läufer im Allgemeinen. Der Kerl sah aus, als ob er eben erst losgelaufen wäre, während mir schon der Schweiß in Strömen floss. Ich muss besser trainieren!

Kilometer 4 und wir waren in Dannenfels. 5:31 für den letzten Kilomter und nun waren wir 400m hoch und der steile Anstieg stand bevor.

Zum Glück hatten wir vor dem Start erfahren, dass die letzten 200 gesperrt waren- eine Eisplatte verhinderte oben am Gipfel das laufen. Keiner war traurig deswegen, alle jubelten! Nun also nur noch 3km, aber was für Kilometer. Eine Kurve nach rechts, einen nach links- es war soweit. Es wurde steil, so richtig steil. Der Schritt wurde schwerer, das Keuchen lauter doch noch war es möglich einige Worte zu wechseln. Ich schwor mir jetzt endlich 2-3kg abzunehmen, fleißig zu trainieren und nicht zu faulenzen. Nur jetzt half es mir nicht ,es nahm kein Ende, wieder eine Kurve und weiter bergauf. Laufen macht ja soooo Spaß. Kilometer 5 war erreicht, 100 weitere Höhenmeter waren überwunden (in einem Kilometer) und ich war platt. Pace nun7:18/km . Kann man bei 500m Höhe schon den verringerten Sauerstoff bemerken ? Bestimmt, jedenfalls war es für mich wie im Himalaja. Puls beständig über 170, aber es fühlte sich an wie 190! Fast bei jedem Marathon habe ich gegen Ende einen Puls zwischen 165 und 170, aber noch nie fühlte ich misch so platt dabei.

Ich gab LocalZero zu verstehen, dass ich nun Gehpausen einlegen muss und er alleine losziehen solle. Ein kurzes“ Bis später“ und schon zog er von dannen. Beneidenswert.

Gehen –laufen-gehen hieß nun meine Devise. Ich hatte einfach keine Kraft mehr nur zu laufen. Ging ich zogen einige vorbei, waren sie dann 10m vor mir lief ich wieder los, überholte sie, bis ich wieder gehen musste. Das Spielchen zog sich fast über den gesamten 6. Kilometer. Für den brauchte ich 7:25 und nun waren 580m erreicht. Noch ein läppischer Kilometer, nur noch ein kleine bisschen quälen, aber der Körper wollte nicht mehr. Aber der Geist beherrscht ja die Materie oder so ähnlich, jedsnfalls ich rappelte mich auf, lief wieder an, musste trotzdem noch ein kleines Stück gehen. Noch 500 m!

Jetzt verdammt noch mal, bleibe ich nicht mehr stehen, nein ich gehe nicht mehr. Jeder Schritt war Kampf, jeder Meter ließ mich erkennen, dass ich viel zu schlecht trainiert war, viel zu schwer war. Wirklich keinen Meter musste ich nicht so erklimmen, als ob die Eiger Nordwand vor mir wäre. Geh doch, mach eine kleine Pause, schrie alles in mir. Ich fluchte, keuchte doch ich lief. Das Schild „Noch 100m „ kam, normalerweise eine Stelle für den Endspurt. Dieses mal eine winzige Tempoverschärfung. Noch einen oder zwei überholt, es nahm einfach kein Ende! Der Zielkanal, verdammt wie lange ist der denn! Endlich, geschafft, Nummer eingescannt, gehen! Ich musste mich abstützen, so kaputt war ich. Kroch, humpelte weiter durch den Zielkanal, bis hinten dann meine Nummer mit der Zeit verbunden war.

Schon beim Einlaufen sah ich neben der Strecke LocalZero, der sich schon erholt hatte. Beneidenswert. Ach ja die Zeit. Für den letzten Kilometer auf 670m Höhe brauchte ich noch einmal 6:52 so dass ich mit handgestoppter Bruttozeit von 42:58 ins Ziel kam. Also die sub 45 geschafft und nicht gestorben, aber fast. So kaputt war ich, glaube ich noch nie.

Aber, und das überraschte mich,schon nach kurzer Zeit hatte ich mich wieder erholt, ging zu Localzero und beglückwünschte ihn zu seiner tollen Zeit. Er wird übrigens, und das freut mich wirklich, im Herbst beim Pfälzerwaldmarathon starten. So wie er heute den Berg hoch lief, sehe ich keinerlei Probleme für ihn.Tolle Leistung!

Anschließend trockene Klamotten angezogen und zusammen mit Hans, der trotz einer Erkältung (wehe mein Freund du hast mich angesteckt!) in 47 Minuten oben war die Strecke wieder runter gelaufen, was erstaunlicherweise viel einfacher war . Noch immer kamen Läufer ins Ziel obwohl nun schon eine Stunde rum war, aber jeder wurde noch einmal angefeuert.

Nach 4km Bergablauf waren wir wieder am Auto. Wieder erholt (war irgendwas heute?) und zufrieden. Natürlich, ist vieles zu verbessern, aber Mensch, bis vor 3 Tagen wusste ich nicht einmal wo genau der Berg liegt, hatte keinerlei Vorbereitung und jetzt war ich oben gewesen, wenn auch nicht komplett durchgelaufen.

Ob ich nächstes Jahr wieder mitmache? Keine Ahnung, es war schon wirklich hart, aber wie heißt es so schön. Der Schmerz vergeht- Der Stolz bleibt!

Und Morgen? Natürlich wieder laufen, was sonst!


Noch ein paar Bildchen von heute:


Das Höhenprofil. Man sieht ab Kilomter 4 wurde es ernst.



Ein Bild von Hans gemacht, bei ca km1,5. Hatte er so viel Zeit zum fotografieren?


GoogleMap:



12 Kommentare:

Hannes hat gesagt…

Das hört sich wirklich verdammt hart und anstrengend an. Kein Wunder, bei dem Höhenprofil. Da kann man doch froh sein, wenn man überhaupt ins Ziel kommt ;)

Von daher kann man dir nur gratulieren, auch wenn oder gerade weil es so verdammt anstrengend war. ... Ich suche mir da lieber die flachen Läufe :D

Anonym hat gesagt…

Glückwunsch.
Da hast Du heute ja wieder einige Sünden abgebüßt.
Das "mehr-trainieren" und abnehmen fällt jetzt viel leichter, wo es doch endlich Frühling wird und in zwei Monaten bist Du topfit!
Grüße
Gerhard

Blumenmond hat gesagt…

Glaub mir, da tun mir doch die Beine nur vom Lesen schon weh. Als Flachländer ist ja schon eine Brücke ein Berg.

Aber Du hast Dich durchgebissen und mei, bis zum nächsten Berglauf ist es ja dann wieder ein Jahr, da hast Du Zeit fürs Training und die Kilos. ;-)

Anonym hat gesagt…

Genau, Brücke = Berg. Meine Rede ;-)) Also ich hätte meinen Bericht jetzt noch nicht fertig von diesem Lauf, weil ich noch bei km 2 gehend hochschnaufen würde.
Ich finds klasse, wie Du Dich da hochgebissen hast. Das Höhenprofil finde ich schon mehr als beachtlich. Was sagen die Beine heute früh? Schmerzen, Muskelkater? Erhole Dich gut.

PS: Noch könntest Du einsteigen - bis Ostern keine Süßigkeiten ;-)))

PPS: Weißt Du jetzt, warum Lars das Wort Berge so selten benutzt in seinen Berichten und immer Hügel verwendet?

Meine Gratulation zu diesem Lauf!!! Unvorstellbar.

Anonym hat gesagt…

Au weia, das Profil hat es in sich! Um so bewundernswerter, wie du dich hochgekämpft hast. Wünsch' dir gute Regeneration - und jetzt im Frühjahr und mit erhöhten Triningsumfängen werden auch die Kilos nur so purzeln.

vg,
kobold

Gerd hat gesagt…

Ich habe mit dir gelitten. So was mag ich ja überhaupt nicht.
Hut ab für die tolle Leistung!

Anonym hat gesagt…

Auch von mir Herzlichen Glückwunsch für die großartige Leistung. :-)

Ich wäre da nicht weit gekommen.

Kerstin hat gesagt…

Donnersberg kam mir schon die ganze Zeit so bekannt vor. Ich bin da auf meiner Packpferdwanderung von der Eifel zum Bodensee im Jahr 2004 vorbei gekommen! Zufaelle gibts...

Herzlichen Glueckwunsch zum bestandenen Berglauf! Hat ja doch geklappt. Toll!
Was mich aber ein bisschen wundert: Woher hast du im Wettkampf die Luft zum Plaudern? Und dein Puls ist ganz schoen niedrig, finde ich. Naja, du bist ja auch aelter als ich.

Falls du mal in Kalifornien bist empfehle ich Pacific Coast Trails Runs. Die sind wirklich genial! In Pacifica mussten wir erst 5 km bergauf, 5 km bergab und dann wieder 11 km bergauf. Oben auf dem Berg ein Schild "That was easy!", wieder runter und noch mal die 10 km Runde vom ersten Mal.
Aber die Aussicht ueber die Berge und den Pazifik war von oben so wunderschoen, dass es einem im Nachhinein wirklich "easy" vorkam bei so einer Belohnung.

Unknown hat gesagt…

Ein Berglauf gehört in die Biografie eines jeden Läufers. Hier lernt er die Stärken der Natur und die Schwächen des eigenen Körpers richtig kennen.

Die "kleinen" Bergläufe sind aber nicht nachhaltig anstrengend. 5 Minuten nach dem Lauf ist die Luft zurück und die Muskeln wieder entspannt.

Die Wertigkeit des gestrigrn Laufes wird immer unterschätzt. Am Donnersberg trifft sich die deutsche Berglaufszene. 50% der Läufer haben Berglauferfahrung. Der Sieger von gestern war der amtierende deutsche Berglaufmeister Timo Zeiler, der auch international vorne mitmischt.

Allein hier mitmischen zu dürfen ist schon ein Abstecher an den Donnersberg wert.

Hans

Martin hat gesagt…

Also wo fang ich an. Nun dass mein Puls so niedrig war hat mich auch gewundert. Werte über 190 kenn ich schon von meinen HM, gefühlt habe ich mich wie über 200 gestern.
Es gibt hier die Berglaufserie, das sind glaube ich 5 Läufe im Frühjahr und Herbst bei denen dann 4 Läufe gewertet werden. Evtl. mache ich da den einen oder anderenmal mit.
@Anja und Michi:
Berglauf ist eine ganz eigene Efahrung. Man fühlt sich eben noch total kaputt und 5 Minuten später bist du wieder obenauf. Aber nirgends kannst du dich so verausgaben wie am Berg.
@Weinbergschnecke:Leider purzelt da so gar nichts. Trotz 65 km letzte Woche nahm ich nichts ab. Letztes Jahr viel mir das leichter.
@Gerd und Bernd: Ob es meine große Liebe wird, bezweifle ich. Aber ab und zu so ein Berg, finde ich nicht verkehrt. Im Training habe fast immer Berge dabei, aber da ist uch immer ein Ende zu sehen und man weiß, so lange bis oben ist es auch nicht.
@Kerstin: Hört sich wirklich gut an, vor allem die Aussicht muss klasse sein. Da können wir hier nicht mithalten. Die Dörfer dort am Donnersberg sind wirklich weit ab vom Schuss, richtig abgelegen. Jetzt werde ich mich erst noch ein bisschen aussruhen, dann geht´s zum Laufen!
@Hans: Und was haben wir die vor uns hergejagt, gelle ! Bist du wieder fit, oder hat´s dich nun endgültig gebeutelt?

Pienznaeschen hat gesagt…

Es liest sich wie ein spannender Krimi und ist eine klasse Leistung wie Du Dich da hoch gekämpft hast!!
Beachtlich finde ich ja zusätzlich noch, das Du Dich zum Anfag (wo es ja nun auch schon hoch ging) noch unterhalten konntest und klasse das ihr Euch gefunden habt :)

LocalZero hat gesagt…

Martin, es hat mich riesig gefreut, Dich mal real (= live und in Farbe) getroffen zu haben - schön, dass das noch geklappt hat, denn bei den vielen Leuten am Start war das ja nicht wirklich möglich.

Ich hoffe, Du hast Dich gut erholt - und nun mal ehrlich, zumindest das Malzbiertrinken am Gipfel hat doch echt Spaß gemacht, oder?

Schöne Grüße aus dem Süden &
bis die Tage mal wieder!
Lars