Sonntag, 14. November 2010

Wenn der Regen nicht mehr aufhört, die Beine nicht mehr wollen- muss der Kopf helfen-meine 6 Stunden von Troisdorf

Alle waren sich einig, die Veranstalter, die Läufer die schon viele Male hier waren: Das waren die härtesten Bedingungen die je in Troisdorf bei einem 6 Stunden Lauf zu beobachten waren- und, ich war mittendrin,durchquerte 10m lange tiefe Pfützen, hatte kein Fetzen trockener Stoff mehr am Leib, lief so vor mich hin und überlegte warum ich mir in drei Teufels Namen mir das antue.
Zurück zum Anfang:
Als ich mitten in der Nacht aufstand (4:40 Uhr) ging draußen die Welt kaputt. Es tobte schon die ganze Nacht ein heftiger Sturm. Zum Glück legte sich der gegen 5:30 als ich auf dem Weg zu Melanie und Steffen war und ich konnte einigermaßen über die Autobahn fahren.
Bei den beiden angekommen wurde erst einmal ordentlich geherzt und ein zweites Frühstück zu sich genommen, bevor es zusammen auf den Weg nach Troisdorf ging. Nach zwei Stunden Fahrt erreichten wir auch unser Ziel. Es war richtig mild. Schon in der Nacht hatten wir 14° C und nun war es noch wärmer geworden. Der leichte Regen störte kaum. Hätten wir gewusst was da noch runter kommen würde!
Wir waren gerade auf dem Weg zu den Startunterlagen, da bremste ein Wagen neben uns und hupte. Steffen und Melanie erkannten gleich wer es war-ich brauchte einige Zeit, war noch halb im Schlaf,- es war Eva die es sich nicht nehmen lassen ließ hier als Groupie dabei zu sein-dachte sie! Denn irgendwie, ich weiß auch nicht wie,konnten wir sie überreden auch ein Stück mit zu laufen- also raus aus den Klamotten und Laufsachen an.
20km lief sie dann auch mit. Noch mehr freute ich mich als ich erst Peter (Miatara) traf mit dem ich schon den Königschlösser-Romantik-Marathon zusammen lief. Und dann kam noch Anja(Blumenmond) dazu! Noch nie konnte ich sie persönlich kennen lernen, obwohl wir schon seit Jahren in der Bloggerwelt unterwegs sind. Ein Kommentar von ihr möchte ich hier wiedergeben: Du sprichst ja wirklich genau so wie du schreibst : Ja awwer hallo, was hasch donn du geglaabt? Nodierlich babbel ich so wie ich schreib, jedenfalls monschmol, meischdens schreib ich ja hochdeitsch.
Ich machte ein paar Photos doch leider versagte gestern mein Handy und speicherte keiner meiner Bilder ab- was ich aber erst abends feststellte.
Der Start stand bevor. Am Streckenrand stellte Steffen einen kleinen Tisch auf auf dem wir unsere Verpflegung stellten- Mann was sind wir professionell! Darunter ein Sack mit Wechselkleidern.
Hatte ich schon erwähnt, dass es regnete? Nein noch nicht? Nun gut es regnete auch nur leicht, also normal-wobei was ist schon normal bei einem Lauf bei dem man 6 Stunden immer auf der gleichen 2,7xx Kilometer langen Rundstrecke läuft?
Also los ging´s mein längster bisheriger Lauf stand an!
Es fing gut an. Ich hatte meinen FR auf eine Marathonzeit von 4 Stunden ein. Mein Plan lautete zuerst mal relativ locker über die Marathonstrecke, versuchen das Tempo zu halten bis 50km und dann in Ruhe sterben- oder irgendwie ins Ziel kommen. 6 Stunden- oh Mann.
Die ersten Runden verliefen auch ganz gut. Raus aus dem Stadion, rechts um über den Damm, ein ca. 1km langer befestigter Weg der danach zurück auf Richtung Stadt führte und dann nur unterbrochen von zwei 90° Ecken wieder Richtung Stadion. Kurz davor ging es durchs Versorgungzelt bei dem es allerlei leckeres Essen und warme Getränke gab und dann waren wir wir wieder auf der Tartanbahn. Während der ersten Runden war dort auf der Tribüne Anja und feuerte uns an- unser Groupie.
Während anfangs der Regen noch relativ leicht war begann das Chaos nach ca. 25 km. Ein heftiger Regensturm setzte ein. Blitzschnell war alles durchnässt. Shirt,die kurzen Tights, die Schuhe alles. Dazu der heftige Wind, der den Regen seitlich peitschte- ich dachte mal wieder warum machst du den Scheiß? Eva war gerade mit ihren 20km fertig und fuhr an mir vorbei-sie hatte es gut, sie war nun im trockenen und ich lief durch 10m lange tiefe Pfützen die ich anfangs noch umkurvte doch nun war es sowieso egal- also mitten durch durch den Matsch. Das Wasser stand in den Schuhen- und lief wieder heraus- auch eine Art die Füße zu waschen. Nach 3 Stunden war die Hälfte rum, oh mein Gott noch mal so lang?
Jetzt begann mein zweites Waterloo mit meinem FR. Irgendwie kam Wasser in die Elektronik und er zeigte alle Modi in wildem Durcheinander an-wechselnd in ca. 1/10 Sekunde-ablesen nicht mehr möglich. Ausschalten nicht mehr möglich-er reagierte überhaupt nicht mehr. Na toll- aber es gab ja noch die Stadionuhr! Nur- die hatte auch einen Wasserschaden und fiel ebenfalls aus-also keine Zeit mehr, keine Kontrolle-nichts. Immerhin zeigte ein Piepsen an, dass ich den Marathon wirklich unter 4 Stunden schaffte, in ca 3:57-58 etwa. Also nun ging ich zum zweiten Mal auf eine Distanz darüber.
Und die Beine waren viel schwerer als noch vor zwei Wochen in Frankfurt. Der Regen zog alle Kraft aus den Beinen, kühlte sie stark ab, verhärtete die Muskeln, blockierte den Kopf, lies den Willen erlahmen. Mensch noch zwei Stunden- wie soll das noch gehen. In meiner Not fragte ich unterwegs die Streckenposten nach der Zeit und überlegte, dass ich die 50km in etwa der Zeit von Rodgau laufen konnte. Aber ohne genaue Zeit hatte ich eben keine Ahnung, wo ich stand. Ich brachte dann, wie ich heute sah die 50km in 4:48:16 hinter mich- keine neu PB. Hätte ich die Uhr gehabt ich hätte die fehlenden lächerlichen 20 Sekunden noch herausholen können. Naja, Pech eben.
Es regnete noch immer, der Damm stand komplett unter Wasser, auf der Straße standen ebenfalls Pfützen-egal. Jetzt begann die Rechenzeit- wie lange war es noch, wie weit schaffe ich es noch? Sind die 60 km noch möglich! Die Beine waren ein eigenes Körperteil geworden, getrennt vom Rest des Körpers. Sie trabten in immer gleichen Schritten vor sich hin, unfähig auch nur eine einzige andere Bewegung, einen anderen Schritt zu machen. Nur auf dem Damm war es anders, hier musste man anders laufen-und hier fühlte ich mich am wohlsten- voll durchs Wasser, über was anderes als Asphalt-hier war ich am schnellsten. Doch ich wusste ich wurde langsamer, spürte es. Keinen 5:30iger Schnitt mehr, nein viel langsamer war ich nun, aber die anderen um mich herum auch.
Ich weiß nicht ob ich jemals im Leben so oft die Restzeit mit der noch verbleibenden Strecke zum großen Ziel- den 60km teilte. Es könnte reichen-noch zwei Runden und dann ca. noch 1500m auf der letzten Runde- so ungefähr müsste es sein.
Die vorletzte Runde-jetzt musste ich ca 58.5 km hinter mir haben. Oder nicht? Wie lange war es noch? Nachfragen- ok, müsste reichen-und wenn nicht, wenn ich mich verrechnet hatte? Egal weiter-nach 8 Minuten wurde mir gesagt und ich hatte es rechnerisch geschafft-wahrscheinlich. Hey ich könnte es noch ins Stadion schaffen meine 23. Runde vollenden. Ich bog ins Stadion ein- der Sprecher sagte was von "noch zwei Minuten"- verdammt ich müsste es packen, gab noch einmal, begrenzt, Gas. lief über die Matte. der Sprecher zählte von 10 runter, noch ein paar Meter, -lauf weiter, Peng !Das Rennen wurde abgeschossen-und zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich bei einem Lauf feuchte Augen. Ich stand einfach da, wartete auf den Mann mit dem Messrad, fror, war aufgewühlt, stolz, fertig.

Leider muss ich nun, schon wieder essen gehen und den Bericht später beenden.
Aber natürlich möchte ich noch den Endstand mitteilen, voller Stolz und schmerzenden Beinen:

61058 Meter!

Mensch was geil!

16 Kommentare:

Blumenmond hat gesagt…

Wow, was für ein Kampf. Respekt und der geht noch mehr an die mentale Stärke als an die körperliche. Ziel erreicht, unter den Bedingungen. Es war schön, Dich getroffen zu haben, wenn auch eben nur kurz und Du sprichst echt lustig. ;-)

Vielleicht dann irgendwann mal mit mehr Zeit zum Quatschen.

Ach ja, ein Lauffoto gibt's ja dann in meinem Blog.

Blumenmond hat gesagt…

Ach, ich wollte auch noch hinzufügen, dass Du ja mit der Jacke viel zu warm angezogen warst. ;-)) hihi...

Charly hat gesagt…

Na also, sag ich doch.
Hast mich zwar nicht ganz gekriegt, aber die paar Meter schieben wir unbedingt aufs Wetter. :-)
Muss ja ganz übel gewesen sein. Puh.
Glückwunsch zum Ergebnis und zum durchhalten.

Anonym hat gesagt…

Puuuuh! Hab gestern ganz oft an euch gedacht, als es ach hier regnete und stürmte. Was für eine Leistung hast du da vollbracht, lieber Martin! Großartig! Ganz ganz herzliche Glückwünsche zu mehr als 61 harten Kilometern! Und gute Erholung natürlich!

LG,
Anne

Laufhannes hat gesagt…

Wow! Herzlichen Glückwunsch. Weiß Gott keine einfachen Bedingungen für so ein Ding. Grandios gemeistert.

Jörg hat gesagt…

Gratulation zu der tollen Leistung bei den widrigen Bedingungen. Ich selbst bin noch nie ein er auf Bestleistung gelaufen und hätte bei solch einem Wetter irgendwann einfach aufgehört. Respekt, dass du es nicht gemacht hast.

Jörg

Unknown hat gesagt…

Herzlichen Glückwunsch, alter Freund, ich bin stolz auf Dich.
Hans

Martin hat gesagt…

@Anja:
Das hoffe ich auch, auch schon deswegen damit du unsere Sprache ein bisschen besser kennen lernst. Ich bringe die die Besonderheiten geren bei. Und was meine Jacke betrifft- ich habe zwar nach der ersten Runde die Ärmel abgemacht, aber ansonsten war sie perfekt beim Regen-wie du sicher feststellen konntest.Wie haben die anderen geunkt : Das wird viel zu warm!
@Charly:
Glaub mir ich habe keine Sekunde daran gedacht! Aber wenn..,dann hätte ich doch noh ein bisschen Gas gegeben ;-) Und ja es war übel. Selbst Stffen der gerne im Regen läuft war es ein bisschen zu viel.
@Weinbergschnecke:
Der Sturm war hier zum Glück größtenteils weg-bis eben auf die halbe Stunde. Aber es wehte eigentlich ständig ein Wind der aber eben mal schob und mal bremste.
@Laufhannes: ich hatte wirklich mal kurz ans Aufgeben gedacht- aber nur kurz. Irgendwie läuft man dann einfach weiter..und weiter..und weiter
@Jörg:
Also ehrlich gesagt weiß ich nicht ob ich es noch einmal mache. Aber warten wir es ab. Aber bei einem bin ich mir sicher: Einen 12 Stundenlauf oder ähnliches werde ich nicht machen.
@Hans:
Ich fühle mich auch etwas alt heute. Aber bin überrascht, dass ich bis auf ein paar übliche Schürfwunden alles ganz gut über die Bühne gebracht habe.

Blumenmond hat gesagt…

Den Gedanken hat ich auch. Du wusstest wohl, was Du tust. ;-)

Martin hat gesagt…

@Anja:
Aber ich war auch unsicher beim Start.Gut wäre es wärmer gewesen-die Jacke hätte ich gleich aus gehabt!
PS:Konnte die Bilder von gestern retten! Sind ein paar schöen dabei!

Hase hat gesagt…

Puuuh, irre. Super, Martin, ganz toll gemacht, du kannst wirklich stolz auf dich sein - vor allem auf deine mentale Härte, die es in diesem Fall ja wohl mehr als alles andere braucht, behaupte ich mal! Herzlichen Glückwunsch und überhol dich gut!

Hase hat gesagt…

*kicher* *prust*
Was war denn DAS für ein freud'scher Verschreiber? Ich wollte natürlich schreiben, ERHOL dich gut!! *hihi*

Martin hat gesagt…

@Hase:
Es stimmt so etwas wird mit dem Kopf gelaufen-meine Beine wollten schon lange nicht mehr-aber ich habe einfach versucht die Jammerleitung zum Hirn zu kappen :-)
Und sich selbst überholen ist doch auch gut :-)

Evchen hat gesagt…

Martin, ich darf behaupten: Du warst zu warm angezogen. ;-)

Nochmal ganz herzlichen Glückwunsch! Das hast Du super gemacht und direkt über seechzig Kilometer geschrubbt! Wow! Erhol` Dich gut.
War Dein Gesicht toll, als Du verdutzt sagst: Ei sa mol, was machschen Du do? :-)

Martin hat gesagt…

@Evschen:
das hat dir gefallen, was? Na warte ich räche mich ;-)

Anonym hat gesagt…

Hi Martin,

herzliche Glückwünsche zu deinem Durchstehvermögen, deinem eisernen willen und Deiner Leistung! Es tut mir so leid, daß wir uns nicht gesehen haben - du mußt mich ja einige mal überholt haben...
Erhole dich gut - es war ein geiler Lauf! Trotz Regen und Matsch! :)
Viele liebe Grüße
Petra