Sonntag, 30. August 2009

Windspiele - oder - ein Marathon mit Endbeschleunigung

4 Stunden Schlaf sind definitiv zu wenig! Gegen 1 Uhr ins Bett und um 5 wieder raus, das ist schlimm genug. Wenn man dann noch vorhat einen Marathon zu laufen, ist es doppelt so hart. Half aber alles nichts, raus aus den ach-so-kuscheliegen-warmen-Federn. Draußen war es stockdunkel, vorbei die Zeiten an denen um diese Uhrzeit schon die Sonne zu sehen war. Ab ins Bad, fertig machen um dann gut frühstücken. Raus die Zeitung holen-Schock!!!! Draußen war Winter ! Nicht milde 17°, nein frostige 5° waren da vor der Tür. Meine Planung sah Sonne und Wärme vor ! Was machen? Die wärmeren Klamotten waren im Schlafzimmer verstaut, dort wo Pia noch selig schlief. Keine Chance sie zu holen und Pia zu wecken. Also sollte es wohl so sein. Ein Stück Baguette mit Nutella und noch ein Stück zum mitnehmen, dazu eine gute Tasse Kaffee, fertig. Um 6.00 fuhr ich los.
So langsam kam die Sonne hinter dem Horizont hervor und da ich eine zeitlang gegen Osten fuhr konnte ich die herrlichen Farben bewundern.

das versöhnte mich doch ein wenig. Im Radio meldete sich gerade einer der auch auf dem Weg zum Marathon war und unterwegs eine Außentemperatur von 2,5° gemessen hatte. Na dann Prost, laufen wir halt ein bisschen schneller.
Um 7.15 kam ich in Simmern an, müde aber gut gelaunt und locker. Da ich wieder einen Freistart von Running-pur hatte musste ich erst noch meine Startunterlagen bei den Nachmeldungen besorgen, was aber kein Problem war.
Beim Hunsrück Marathon ist es wie beim Hunsrück HM, man wird vom Ziel (Simmern) zum Start der jeweiligen Strecke per Bus gefahren. Leider war ich etwas spät dran und so musste ich während der etwa halbstündigen Fahrt stehen.
Mit leicht müden Beinen kamen wir, die Marathonläufer in Emmelshausen, unserem Startort an. Und zur großen Freude schien nicht nur die Sonne von einem blaune Himmel, nein es wurde deutlich wärmer, so warm, dass ich mein dünnsten Singlet anziehen konnte. Das Feld selbst war sehr übersichtlich, gerade mal 218 Läufer und 26 Läuferinnen liefen den Marathon, dagegen standen 670 HM Läufer und 216 Läuferinnen.
Start in Emmelshausen :
Aber das scheint generell der Trend zu sein. Es wurde runter gezählt und los ging´s durch den Hunsrück. Für mich war das, nach 3 HM dort mein erster Marathon und so kannte ich die Strecke auf dne ersten 27km nicht. Bei km 27 stoßen dann die Hm-Läufer ebenfalls auf die Strecke und ab dort wusste ich ja was kam.
Ziel war heute klar vorgegeben : Nicht hetzen sondern zum ersten Mal nach Puls laufen und wenn möglich die zweite Hälfte schneller laufen und ab km 30 eine spürbare Tempoerhöhung. Ao weit der Plan.
Zuerst ging es bergab, herrlich zum Einlaufen, dass bei mir ja immer ewig dauert. Heute ging es flotter. Ich schaute dass mein Puls nicht über 150 kam und vergaß das Tempo. Trotzdem war der erste km mit unter 5min zu schnell. Also Bremse rein und schon schaukelte es sich bei 5:25 ein. Es kam der erste Anstieg und ich wurde langsamer um eben den Puls unten zu halten. Eine völlig neue Erfahrung für mich da ich sonst immer darauf bedacht war nicht zu langsam zu werden, egal was der Puls sagt. Die Strecke selbst war einfach wunderschön. Schön wellig aber nicht zu steil und gut asphaltiert. Sie verlief ja zum größten Teil auf der ehemalige Bahntrasse, die nun als Radweg ausgebaut wurde.
Nach ca 10 km fiel mir ein Läufer auf der öfters fotografierte. Ich sprach ihn an und es stellt sich heraus, dass er ebenfalls einen Bericht schreiben wollte, nur eben für Marathon4you. So trabten wir, die beiden "Reporter" noch ein Weile nebeneinander her.
Es war Günthers, so hieß er, x.ter marathon und gerade 14 tage zuvor lief er die 100km von Leipzig !
da ist man dann plötzlich ganz klein mit seinen gerade mal ein Dutzend Marathon.
Die Strecke an sich ist nicht leicht, denn öfters geht es sehr lange bergauf. Jedoch nie so steil, denn wie gesagt es war ein Bahntrasse. Trotzdem zog sich das Feld schnell auseinander.
Ich verabschiedete mich und zog etwas an, es war mir doch zu langsam und meine geplante Zielzeit von 3:50 schien gefährdet. Mittlerweile machte sich auch der Wind der eigentlich ständig gegen uns blies bemerkbar. Einerseits kühlte er schön ab, andererseits bremste er natürlich ordentlich. Windschattenlaufen war nicht, da eben zu wenig Läufer unterwegs. Also musste man wohl damit leben.
Läufer zogen an mir vorbei, keine Problem aber ich versuchte mir besonders markante zu merken, in der Hoffnung sie später wieder zu sehen. Und ich sah sie wieder, so weit möchte ich vorgreifen.
Mittlerweile hatte ich wieder die Musik an und genoss das Laufen. Immer schön den Puls im Auge behaltend erreichte ich die Hm -Marke in 1:55:30.
Immer wieder ging es bergauf und bergab, schön abwechslungsreich. Erstaunlicherweise standen immer mal wieder Leute an der Strecke, mitten in der Pampa, die aber umso mehr anfeuerten. Ich bedankte mich laut bei jedem auf dem gesamten Lauf und sie freuten sich. Ein besonders Lob der Versorgung ! So viele Verpflegungstellen hatte ich noch nie gesehen ! Perfekt! Eine eigene Wasserration war hier nicht nötig und ich brachte wirklich wieder 3 volle Fläschchen mit in Ziel.
Bei km 27 kamen wir nun nach Kastellaun. Während dort gerade die HM-Läufer starteten (um nach 6km in Kastellaun auf unsere Strecke zu kommen) liefen wir dort vorbei. Ich wusste nun kam noch ein langer Anstieg, dann würde es leichter werden. Und er kam. Also Tempo runter und hoch. War auch kein Problem auch wenn er sich bis km 30 zog, schließlich laufe ich "Berge" ja öfters.
Die ganze Zeit schon hatte ich zwei Mitläufer die etwa im selben Tempo wie ich liefen, also so um 5:30 rum. Jetzt, genau beim 30 Kilometer Schild beschleunigte ich und sie mussten abreisen lassen. Ein wirklich gutes Gefühl, wenn man merkt- da ist noch Saft und Körner da. Nun folgten schnellere Kilometer .
5:05;-5:07-5:04- auch mal 5:14, dann aber wieder 5:07. Es lief wunderbar! Nun schaute ich dass mein Puls nicht weit über 160 kam um nicht zu schnell zu verbrauchen. Und ich überholte! Einer nach dem anderen konnte ich "einsammeln", etwas was natürlich der Psyche unheimlich gut tut. Keiner kam mehr von hinten.
Der Wind war mittleweile so stark, dass ich manchmal schräg laufen musste, oder etwas zusammengesunken. Ein bisschen weniger wäre auch genug gewesen. Zur Strecke : Ab km 30 folgt ein etwas 11km langes Stück, dass fast nur leicht bergab geht. Perfekt also fürs Tempo- wenn es nicht so geblasen hätte. Aber ich war gut drauf und hielt dagegen.
Km 38, der erste HM-Läufer zog vorbei und ich hatte alle die ich mir vorher gemerkt hatte überholt. Und nun lief kein Mensch mehr vor mir! Also nicht, dass ich erster war, nein aber auf ca. 3-400m war niemand zu sehen. Mist. Ich lief an Zuschauern vorbei und konnte den Satz " Der sieht aber noch frisch aus! " erhaschen. Das baute noch mehr auf- also weiter Tempo. Km 40 legte ich in 5min zurück, Km 41 in 4:47. Wow! Endorphine tanzten in mir! Das macht richtig Spaß! Auch der letzte Anstieg bei km 41,5 konnte meine Laune nicht verderben- ich hörte das Ziel und wusste es ging nun bergab. Ich schaute zurück - und sah so einen frechen Hm Läufer etwa 20 m hinter mir. Wollte der vielleicht ... nee nicht mit mir! Nun passierte etwas was ich so noch nie, niemals erlebt hatte. Ich beschleunigte..und der Sprecher sah es und kommentierte. Die Zuschauer klatschten mir zu und ich lief wie in Trance, immer schneller. Es wurde gejubelt, man freute sich und wartete ob ich oder er zuerst ins Ziel kam.
Da ich nicht wusste wie schnell er war, gab ich alles und zum ersten Mal im Leben fühlte ich mich als ob ich über den Asphalt förmlich flog. Fühlte keinen Boden unter mir, hörte nur die Leute, sah das Ziel und rannte- mit Sicherheit die letzten 100m unter 15 Sekunden. Und ich war so voll mit Endorphinen,dass es überhaupt nicht schwer viel. Einfach nur geil, geil ,geil!!!
Ich kam ins Ziel und hörte wie der Sprecher sagte : "Es war zwar ein HM-Läufer aber Martin hat ihn nicht vorbei gelassen. Unglaublich welche Kraft er noch für den Endspurt hatte !"
Kann es ein schönere Ende für einen Marathon geben ? Ich glaube nicht. Die Zeit für mich war bei 3:47:40 stehen geblieben. Für den Hm Läufer etwa bei 1:25 oder so,also gewiß kein langsamer.
Ich konnte wirklich die zweite Hälfte um 4 Minuten schneller laufen, trotz des lange Anstiegs bei km 27 und -darauf bin ich besonders stolz- konnte die letzten 12,2 km wirklich als Endbeschleunigung laufen. Schnitt für diesen Abschnitt etwa 5:12, trotz des Windes. Ab Kilometer 28 hat mich keiner mehr überholt, dafür ich umso mehr. Puls 153, auch ok. Bei "normalen" Marathon hatte ich meist über 165.
Jetzt sitze ich hier- und es geht mir einfach gut. Nicht, dass die Beine nicht wehgetan hätten nach dem Lauf, nein 42 Kilometer bleiben 42 Kilometer. Aber der Kopf fühlt sich oberprimaklasse !
Es war keine neue PB, aber das war auch nicht geplant. Diese werde ich erst Ende Oktober in Frankfurt angreifen. Trotzdem fühle ich mich heute so als ob ich meine alte um 5 Minuten unterboten hätte. Also macht es auch einmal : Lauft zuerst verhalten und dann, in der zweiten Hälfte gebt ein bisschen Gas. Ich kann es nur empfehlen :-)

Mein Puls :
Die Kilometerschnitte. Gelb abgesetzt ist die Phase in der ich beschleunigte.

17 Kommentare:

Charly hat gesagt…

Ja wild
Respekt, respekt, respekt.
Super gelaufen
Respekt
Ach, sagte ich schon.
:-)

Werner hat gesagt…

Schön schön. Wenn mein Einsteinmarathon in 3 Wochen so verläuft mach ich Purzelbäume.

Kerstin hat gesagt…

Wow! Wie klasse! Nochmal herzlichen Glueckwunsch.

Hannes hat gesagt…

Laufen mit Kopf macht sich bezahlt. Beachtlich, wie gut das gelaufen ist. Glückwunsch!

Evchen hat gesagt…

Grrrrrrrrr! Jeeeeeeeha! Hammer! Und ich kann Dich so gut verstehen, wie Du Dich gefühlt hast. DAS Gefühl ist, egal ob beim Marathon oder beim einsamen Lauf, einfach so überwältigend und gut und wunderschön, gell?

Herzlichen Glückwunsch, Martin! Klasse gemacht!

Und ich bin sicher, daß mein (wie Du fandest unnötiges) Hibbeln Dir etwas gebracht hat. So! :-P

Pienznaeschen hat gesagt…

Der Bericht war ja schon da!
Wow, ich habe es eben verschlungen - einfach nur klasse ;)

(Du knippst beim Autofahren? *fingerheb* bist ja genauso schlimm wie ich;))

jo hat gesagt…

toller bericht, geniale zeit, tolle endbeschleunigung!
boah, und das nach so kurzer nachtruhe. respekt, mein lieber!
hach, das mit der endbeschleunigung hat mich jetzt an meinen ersten m vor einem jahr erinnert *g*...*schwelg*

lizzy hat gesagt…

Danke für den Tipp - aber selbst wenn ich in der ersten Hälfte total veralten wandere oder gar schleiche, dann bin ich in der zweiten Hälfte von 42 km platt. In mehreren Selbststudien bestätigt ;o)

Aber für Läufer kann das passen *g*

Super Zeit finde ich! Glückwunsch!

Der Hunsrück-Marathon, ja - der wär' dermaleinst auch was gewesen für mich und vielleicht wirds ja nochmal wieder ... aber DANN ...

und das auf dem einen Foto, das ist doch der Laufjoe, oder?

Anonym hat gesagt…

Großartig!!! Ganz herzliche Glückwünsche, das hast du läuferisch und renntaktisch genial gemacht! Und in Frankfurt ist die PB fällig!

Anonym hat gesagt…

Toll gemacht – Glückwunsch.
Das riecht ja förmlich nach Bestzeit in Frankfurt …

RolandGLA hat gesagt…

Hi Martin,
tolle Zeit, toller Finish ! Was will man mehr !!
Ich habe richtig mitgefiebert, denn vor 2 Jahren bin ich auch dort gelaufen. Kleine - aber tolle Veranstaltung!
Jetzt erhole Dich und dann beginnt auch so langsam die Vorbereitung für Frankfurt.
Viele Grüsse
Roland

Kathrin hat gesagt…

Super Martin, klingt easy, entspannt und perfekt insziniert :o) Herzlichen Glückwunsch!

Martin hat gesagt…

So jetzt aber :-)
@Charly:
Danke schön, aber so einen privat -HM wie du gelaufen bist hat doch auch etwas!
@Werner:
na dann mal hinne und zück die Kamera !
@kerstin:
Danke dir! Aber ich denke sobald du wieder "solo" bist läust du die Zeit im Schlaf :-)
@Hannes:
Ich stelle es wirklich immer mehr fest, Kopflaufen macht sich bezahlt!
@Evchen:
ja vielleicht war es das was mir geholfen hat, also du darfst das nächste Mal ruhig wieder hibbeln!
@Pienznäschen:
Nein würde ich nie machen, hab keine Ahnung wie das Bild entstanden sein könnte, war vielleihct Zufall :-)
@Jo: dein Bericht damals hat mir aber auch viel Auftrieb gegeben, ich erinnere mich noch genau, als ich dachte: Die hat es mal richtig gemacht!
@lizzy:
Ja es ist Laufjoe, er hat sogar ein Bild von mir auf seiner Seite, dass er gestern beim Lauf gemacht
hat. Netter Kerl!
@Weinbergschnecke: Im Moment sieht es gut aus, aber ich weiß nicht wie es sein wird wenn ich die erste Hälfte schon mal 10 Minuten schneller laufen muss. Mal abwarten.
@Palatino: Schrei es nicht so laut hinaus :-)Wir werden uns auf jeden Fall dort sehen !
@RolandGLA :
Danke auch dir! Heute stand 25km Radfahern und ein gutes Essen im Biergarten bei herrlichem Wetter auf dem Plan, ich glaube das eght als "Ausruhen" durch, oder?
@Kathrin:
das von so einem Profi wie dir zu hören, freut mich besonders!

Gerd hat gesagt…

Respekt und Herzlichen Glückwunsch zu diesem tollen Lauf.
Bei deinem Bericht bin ich ja fast mitgelaufen. ;-)
So was wünsche ich mir für meinen Marathon. Kann ruhig ein bisschen langsamer sein! ;-)

michi hat gesagt…

Ey, wie super! Darauf kannst Du wirklich stolz sein. Ehrlich gesagt, ich war ja schon gespannt, ob Du das durchziehst, durchhältst, Dich tatsächlich zurückzuhalten und nicht nachzugeben. Wäre ja nur allzu leicht gewesen, vor allem wo man noch Mitläufer um sich hat die ziehen, dazu das Wettkampfgefühl und das ganze Drum und Dran. Du hast es tatsächlich durchgezogen, finde ich echt irre! War ganz schön spannend.
Der Läufer auf dem Bild kommt mir übrigens bekannt vor, allerdings nicht unter diesem Namen ;-)))
4 Min. schneller in der zweiten Hälfte, Hut ab! Und deutlich unter 4 Std. bei einem Trainingsmarathon, sehr cool, bin ganz begeistert und der Bericht dazu war genauso klasse und spannend, mit dem Zieleinlauf und dem Spurt. Tolles Erlebnis, grinst Du noch? :-)

Versuchst Du ähnliches, wo es so gut geklappt hat, jetzt auch in Frankfurt? Schon mal drüber nachgedacht? Also in anderem Tempo dann ;-))

PS: Wenn es nie bei einem Marathon regnet wo Du startest, bin ich froh, dass Du weit genug weg wohnst *lach*

Blumenmond hat gesagt…

Strike! Ich hab jetzt auch ein paar Endorphine abbekommen, wie die so über den Bildschirm blitzten. Well done, mein lieber Martin.

Ach ja, der Läufer da kommt mir auch bekannt vor, ich sah ihn mal in Troisdorf.

Martin hat gesagt…

@Gerd :
So wie du trainierst wird es dir genauso ergehen. Du läufst so viel, dass kann nicht schief gehen!
@Miche:
Daran gedacht-ja, aber ich weiß eben nicht wie es dann funktioniert, denn um unter 3:30 zu laufen muss ich einen Schnitt von 4:57 halten. Mache ich im ersten Abschnitt langsamer, weiß ich nicht ob ich das in der zweiten Hälfte einholen kann.
Laufjo, so heißt der Läufer "offiziell" , läuft eigentlich jede Woche, hat schon 70 Marathon, sowie diverse Ultras gelaufen. Ich werde ihn in Berlin und Frankfurt sicher wieder treffen :-) Wir halten email-Kontakt.
Und natürlich grinse ich noch !
@Blumenmond:
Freut mich wenn ich ein paar davon an dich verteilen konnte. Hatte ja genug davon !