Mittwoch, 4. März 2009

Das Ende der Unschuld

Das nächste Tiefdruckgebiet steht schon vor der Tür, es wir mal wieder, kälter, nasser und trüber. War ja auch mal 2 Tage schön. Aber das Wetter passt im Moment zu vielem.

Jeden Tag Hiobsbotschaften in der Zeitung, der hat Milliardenverlust gemacht, der arbeitet kurz, der andere schließt seinen Betrieb komplett. Kein Hoffnungsschimmer kündigt sich an, kein „Erlöser“ von den Sorgen kommt und hilft. Die Politik scheint mir hilflos, ja machtlos. Was soll sie denn auch tun?

Es gab immer mal schlechtere Zeiten, aber irgendwie hatte ich immer das Gefühl die Wirtschaft erholt sich wieder, das ist nur ein Phase. Nur dieses Mal kommen mir diese Gedanken nicht in den Sinn. Selbst große Konzerne bei denen man nie vermutet hätte, dass sie jemals Probleme haben könnten, zeigen sich extrem instabil. Die Bevölkerung soll die Konjunktur ankurbeln, soll kaufen, soll verbrauchen. Bloß mit was denn? Fast alle müssen doch jetzt schon den Gürtel enger schnallen, müssen das Jahr umplanen, keinen Urlaub im Süden dieses Jahr sondern daheim auf dem Balkon, oder im Garten. Kein neues Auto, auch wenn die Abwrackprämie lockt, keine neuen Klamotten. Es wird definitiv gespart.

Auch ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich Ende März über 400km nach Weeze fahre nur um an einem Rennen teilzunehmen (ihr wisst schon, Strongman), dazu noch Hotelübernachtung und Essen, ein Luxus für den man sich vielleicht in einem halben Jahr verflucht.

Man ist nicht mehr so blauäugig, so unschuldig. Die Krise hat einen erreicht. Kalt, ohne große Alternative. Man ist hilflos, kann nichts dagegen tun. Ist das nun die Strafe für die Globalisierung?

Auch ich fand diese Idee klasse, von einem weltweiten, von Staaten weitgehend unabhängigen, wirtschaftlichen Verbund- bis eine einzelne Bank in Amerika dieses weltweite Kartenhaus in sich zusammen brechen ließ und alle mitriss. Wenn man sich das vorstellt- ein Unternehmen, zigtausend Kilometer weg lässt alle Seifenblasen platzen die sich gerade erst so langsam gebildet hatten.

Und die Helden sind müde. Kann Obama und Co. diesen Strudel in den Abgrund aufhalten? Noch ein paar Milliarden in die maroden Firmen stecken?

Können unsere Politiker die Wirtschaft antreiben? Ich bin da eher skeptisch.

Was dagegen tun? Was kann man selbst dagegen tun, um nicht mitgerissen zu werden? Sollen wir nun alle Autos kaufen, nur damit nächstes Jahr dann gar keine mehr verkauft werden? Welche Autos sollen nun die Fahranfänger fahren, wenn alle günstigen älteren Autos verschrottet werden anstatt verkauft?

Oder einfach so tun wie immer und keine Nachrichten mehr schauen?

Draußen fängt es an zu regnen. Auch in vielen Firmen, vielen Familien wird es regnen.

Welche Versprechungen kann man denen noch machen, die keine Hoffnung mehr haben. Die einfach nicht weiter wissen? Wie soll ich/wir uns fühlen, wir die noch Arbeit haben gegenüber denen die am nächsten Morgen vor verschlossenen Türen stehen werden? Glücklich, weil es uns noch, relativ gesehen, gut geht? Sollen wir aufmunternde Worte an sie verbreiten, wohl wissend, dass es jeden, auch uns selbst, treffen könnte?

Irgendwie hofft man, dass dieser Albtraum nach dem Aufwachen vorbei ist. Doch kaum wird man wach, hört man die nächste Schreckensnachricht im Radio.


10 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

„Ein Gott ist der Mensch der träumt, ein Bettler wenn er nachdenkt.“
Hölderlin

Gruß Hans

Anonym hat gesagt…

ich hab' auch zwei Zitate mitgebracht ;o)

Die Zivilisation, in der wir leben, ist das Produkt des kollektiven Willens, der vielen gewinnsüchtigen Wünsche, und deshalb haben wir eine Kultur, eine Zivilisation, die ebenfalls gewinnsüchtig ist

Wenn wir nicht bald erkennen, dass Besitzdenken grundlegend falsch ist, dann werden wir weder individuell noch kollektiv eine andere Lebensweise haben können - und daher auch keine andere Zivilisation.
Krishnamurti,
(beide: Krishnamurti)

Gerd hat gesagt…

Es kommen auch wieder bessere Zeiten. Die kamen immer.
Was mich so wütend macht ist diese Ignoranz und Gleichgültigkeit unserer Politik. Diese absolute Machtgeilheit. Dafür wird alles getan!
Machen wir wenigsten das beste daraus.

Anonym hat gesagt…

Habe ich heute früh noch zu einer Kollegin gesagt, sobald man Nachrichten hört, immer wieder neue Schreckensmeldungen. Immer höhere Zahlen, Millionen, Milliarden, als wäre das gar nix. Die Zahl derer, die Hilfe vom Staat fordern, wird sicher noch höher. Aber was tun? Staatshilfe? Irgendwann dürfte da auch Schluß sein. Wenn ich mir überlege, wieviel Menschen, Arbeitskraft da hintersteckt, wieviele Jobs in Gefahr sind, da wird mir Angst und Bange. Bei uns läuft es noch gut, aber wenn ich mir die Nachrichten anhöre, Krisen, Arbeitslosenzahlen, Pleiten, da wird mir trotz zurzeit noch gesichertem Arbeitsplatz ganz anders.

@Gerd: Ich glaube unsere Politiker leben auf einem anderen Stern, ihrem ganz eigenen, wo nichts hindringt.

Blumenmond hat gesagt…

Wenn wir so abgesichert wären, wie die Politiker, würden wir vielleicht auch gelassener reagieren. Wobei ich aktuell (und sowieso) nicht an deren Stelle sein wollte. Reich werden die mit ihrem Job in der Regel auch nicht. Freizeit gibt es keine mehr. Leider ist der Idealismus weg und der Machtwunsch steht an erster Stelle - so scheint es.

Es sind keine einfachen Zeiten und ich bin immer erstaunt, wenn ich mit Menschen spreche, die von der Krise selbst noch nichts merken. Aber es werden auch wieder bessere Zeiten kommen und vielleicht lernen wir alle die Relationen wieder besser kennen. Das wünsche ich mir.

Unknown hat gesagt…

Auf die großen materiellen Dinge, die einem scheinbar fehlen, kann man leicht verzichten, weil man ja ihren Besitz nie kannte.
Schlimmer sind oft die kleinen Dinge die gerade dringend benötigt werden, aber nicht greifbar sind.

So bei einem Freund von mir. In der Aufregung vor seinem ersten Berglauf hatte er plötzlich ein ganz wichtiges Utensil verlegt.
Die Sicherheitsnadeln!
Mit Schweiß auf der Stirn suchte er vergeblich nach ihnen. Nach langem Kampf fand er noch zwei Ersatznadeln. Der Lauf war gerettet; die Zeit futsch. Denn mit flatender Startnummer kann man keine Spitzenzeiten laufen.

Fazit: Die kleinen Dinge des Lebens sind oft die Entscheidenden.

PS: Die Nadeln wurden inzwischen gefunden und können gegen Belohnung abgeholt werden.

Hans

Anonym hat gesagt…

Ja, ich kann nachempfinden, was du geschrieben hast!
Die Ängste und Sorgen kommen schon näher und es ist, wie du sagst: man überlegt sich wieder vieles zweimal (ob die Teilnahme an einem Lauf Luxus ist oder nicht etc)

Aber auch immer noch ist die Hoffnung da, dass es irgendwann auch wieder besser werden muss!

Martin hat gesagt…

@Hans: Ach so du hattest meine Sicherheitsnadeln! Wolltest mich abbremsen, damit ich nicht zu sehr hochpresche!

@Lizzy/Hans:Ich habe heute geträumt, eine ganze Geschichte, aber ob es zum Aufstieg nach oben reicht? Und Krishnamurti hat gar nicht so unrecht, schließlich wählen wir unser Leben aus, bzw. die Art wie wir leben wollen.

@Gerd/Michi:Politiker zu sein ist bestimmt nicht leicht, aber wer sich entscheidet diesen Weg zu gehen muss den Kompromiss eingehen und seine Moral, seine Beziehung zur realen Welt eintauschen gegen ein Leben zwischen Diplomatie und Machtwunsch.

@Eva:Vielleich müssen wir nur einfach, wie in "Stadt der Engel"(http://www.moviemaze.de/media/wallpaper/files/thumbs/3829/stadt-der-engel-wallpaper-1.jpg)den Sonneaufgang wieder bewusst war nehmen.


Die Relation zwischen wichtigen, wirklich wichtigen Dingen und Dingen die nur scheinbar wichtig sind, wird leider zu oft verschoben. Zum Teil von außen zum Teil von einem selbst. Wird Zeit die Sicht wieder auf die richtigen Dinge zu richten. Ist aber leichter gesagt als getan fürchte ich.

Pienznaeschen hat gesagt…

Ja, es ist beängstigend all die schlechten Nachrichten und Aussichten serviert zu bekommen und das Gefühl das der Strudel sich noch weiter nach unten drehen wird. Mich erschrickt, das große Unternehmen so ins Straucheln kommen – hätte ich dies doch eher von kleineren gedacht und gerade bei diesen finde ich es erstaunlich und schön, das hier viele (noch) sagen das sie es noch nicht spüren *aufHolzklopf*
Auch wenn es abgedroschen klingen mag, optimistisch bleiben – es wird auch wieder bergauf gehen.
Sehr bedrückend ist es trotzdem!

Anett hat gesagt…

Hallihallo: Was mich ebenfalls ärgert, wo es um Millionen und Milliarden geht, werden Augen zugedrückt, wird Geld hin und hergeschoben, unterschlagen, veruntreut und was weis ich noch...ohne irgendwelche Konsequenzen. Wenn ein ganz kleiner Selbständiger haben einen kleinen kredit haben möchte, wird dieser verwehrt. Unterschlägt er gar mal ein paar Euros, gibts hohe Strafen. Ich hätte auch gaz gern mal ein paar millionen von der KfW-Bank...die scheinen viel über zu haben.